Am 16. Januar 1969 verbrennt sich der Student Jan Palach auf dem Prager Wenzelsplatz selbst. Er will damit seinen Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings zum Ausdruck bringen. In seinem Abschiedsbrief heißt es:
Am 19. Januar erliegt Jan Palach seinen schweren Verbrennungen. 200.000 Menschen versammeln sich auf dem Wenzelsplatz. Seine Kommilitonen benennen den Platz vor dem Hauptgebäude der Philosophischen Fakultät der Prager Karls-Universität von „Platz der Roten Armee“ in „Jan-Palach-Platz“ um. Am 24. Januar wird er unter landesweiter Anteilnahme bestattet. Das Begräbnis wird durch die feierliche Aufbahrung in der Prager Universität zu Füßen einer Statue von Jan Hus zu einer Massendemonstration an der sich 10.000 Menschen beteiligten. (Quelle: archive.org)
Es folgen zwei weitere Selbstverbrennungen als politisches Fanal.
Die spätere Symbolfigur der „Charta 77“ mahnt bereits in dem Dokumentarfilm „Tryzna“ (Totenfeier, 1969) von Vlado Kubenko jetzt nicht in Apathie zu verfallen, sondern seine politischen Forderungen zu äußern. (Quelle: archive.org)
Im Jahr 1969 durchziehen weitere Massenproteste das Land.
Am 28.März kommt es zu einer „Siegesfeier“ der besonderen Art. Bei der Eishockey-Weltmeisterschaft in Schweden treffen die Teams der Tschechoslowakei und der Sowjetunion aufeinander. Als die Mannschaft der ČSSR überraschend gewinnt ist dies nicht nur ein sportlicher Sieg: Stellvertretend werden die Besatzer geschlagen. Es feiern eine halbe Million Menschen auf den Straßen.
In Prag wird das Büro der sowjetischen Fluggesellschaft „Aeroflot“ zerstört. Die Aktion wird vom Geheimdienst gelenkt, um Moskau einen Vorwand zu liefern, weiter Druck auf Dubček auszuüben.
Gustav Husák, seit April 1968 stellvertretender Ministerpräsident, wird am 17. April als KP-Chef eingesetzt, nachdem Dubček am 12. April zurücktrat. Staatspräsident Svoboda bleibt zwar im Amt, tritt jedoch in seiner Bedeutung hinter Husák zurück.
Die Reformen werden rückgängig gemacht und einer Stationierung sowjetischer Truppen im Land zugestimmt. Im Zuge der „Normalisierung“ werden hunderttausende Parteimitglieder überprüft und ggf. ausgeschlossen. Rundfunk und Fernsehen werden mit linientreuen Genossen besetzt. Kirchen werden geschlossen und Publikationsverbote ausgesprochen. Künstler und Akademiker müssen sich in Fragebögen zu ihrer Gesinnung äußern und die Rechtmäßigkeit des Einmarschs anerkennen. Gängige Disziplinierungsmethoden sind Arbeitsverlust, Studienverbot, soziale Degradierung und vor allem die Zerstörung jeglicher Zukunftsaussichten für die Kinder, indem ihnen höhere Bildung verwehrt wird.
Viele Menschen verlassen das Land und gehen ins Exil.
Am 21. August, dem ersten Jahrestag des "Tages der Schande" wie er nun genannt wird, sind zehntausende Menschen auf der Straße. Besonders in Brno kommt es zu Zusammenstößen mit den Besatzungstruppen. In Prag versammeln sich die Menschen bereits am 19. August auf dem Wenzelsplatz. Am Tag darauf werden Barrikaden errichtet. Wieder rollen Panzer – doch diesmal tschechische. In Folge dieser Ereignisse verschärft die Regierung die Strafmaßnahmen.
Die Sanktionen erreichen ihr Ziel– Einschüchterung und Resignation machen sich breit.